Erkenntnisreiche Einblicke in mehreren Etappen
Am 20. März machte das Exkursionsformat „Energiesprong on tour“ Station in Berlin. Rund 80 Interessierte nutzen die Chance, serielles Sanieren live zu erleben, einen Blick hinter die Fassaden fertiggestellter Verwaltungs-, Schul- oder Wohngebäude zu werfen und die Best Practices & Lessons Learned mit den beteiligten Akteuren zu diskutieren.
Premiere: Erste seriell sanierte Feuerwache
Kompetent erläutert von Bauenden, Planenden und Ausführenden konnten die Teilnehmenden „fliegende“ Fassaden und die Montage vor Ort in Echtzeit verfolgen. Am Nikolaus-Groß-Weg in Charlottenburg-Nord lässt die Berliner Immobilienmanagement (BIM) die deutschlandweit erste Feuerwache seriell sanieren. Geplant von ZHN Architekten erhält das Gebäude eine aus 86 Fassadenelementen bestehende neue Gebäudehülle.
Die 2,25 Meter breiten und zwischen 4,90 und 8,58 Meter hohen Module werden inklusive Dämmung, Fenstern, Sonnenschutz und Lüftung vom Holzbauspezialisten Sieveke im Werk vorgefertigt, per LKW auf die Baustelle transportiert und dort nur noch montiert. Mit dem innovativen Sanierungsverfahren verkürzt sich die Erneuerung der Gebäudehülle von mehreren Monaten auf wenige Wochen.
„Um unsere Gebäude fit für die klimaneutrale Zukunft zu machen, setzt die BIM auf nachhaltige Baustoffe und innovative Verfahren. Dazu gehören auch zukunftsweisende Themen wie das serielle Sanieren, die in unserem InnoLab vorangetrieben und als BIM- Standards etabliert werden.“ Martin Sowinski, Mitglied der BIM-Geschäftsführung
Reused, recycled, refurbished
Im Anschluss an Baustellenbesichtigung hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, fertiggestellte serielle Sanierungsprojekte zu besichtigen. Zur Auswahl standen ein Apartmenthaus, eine Schule und ein Verwaltungsgebäude im Tierpark Berlin. Der DDR-Plattenbau aus den 60er Jahren war marode und sollte eigentlich Platz für einen Neubau machen. Beim Sichten der alten Pläne wurde schnell klar, dass es sich um einen für damalige Zeiten hochinnovativen Skelettbau handelte, der sehr gut umnutzbar ist.
Mit diesem Wissen entschied sich der Tierpark für eine Revitalisierung. Das nach den Plänen von ZRS Architekten realisierte Projekt zeigt auf vorbildliche Weise, wie sich Gebäude ressourcenschonend, ökologisch, wirtschaftlich und architektonisch überzeugend dekarbonisieren lassen. Das Gebäude wurde nicht nur mit vorgefertigten Fassadenelementen seriell saniert, sondern auch nach zirkulären Prinzipien geplant und für eine spätere Aufstockung konzipiert.
„Durch den minimalen Eingriff in die vorhandene Bausubstanz wurde das Gebäude seiner alten Nutzung zurückgeführt und leistet durch sein nachhaltiges Konzept einen besonderen Beitrag zu einer notwendigen Kreislaufwirtschaft.“ Jan Schreiber, ZRS Architekten
Vom Worst- zum Top-Performer
Das 2013 von Schaller Sternagel Architekten in Kooperation mit dem Büro Hildebrandt Lay seriell sanierte Apartmenthaus in Berlin-Tempelhof ist eines der ersten seriell sanierten Wohngebäude in Deutschland – und eines der wenigen Projekte mit Langzeiterfahrungen. Bei der Sanierung des sechsgeschossigen Wohnhauses suchten die Architekten nach neuen Wegen, um das ineffiziente Gebäude aus den 60er Jahren innerhalb kürzester Zeit in ein Passivhaus zu verwandeln. Man entschied sich für eine serielle Sanierung, die in rund vier Monaten abgeschlossen wurde.
Den im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung höheren Investitionskosten (einen Bonus für serielles Sanieren gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht) stehen Ersparnisse im längerfristigen Betrieb der Immobilie gegenüber. Das Fassadensystem ist quasi wartungsfrei. Der gute Dämmwert bringt eine Heizkostenreduktion von bis zu 70 Prozent. Durch die Nutzung einer solarthermischen Anlage zur Warmwassererzeugung und zur Heizungsunterstützung können 30 bis 40 Prozent an Warmwasserkosten eingespart werden. Weitere energetische Einsparungen werden durch eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung erzielt.
„Im Rahmen einer seriellen Sanierung kann mit vergleichsweise wenig Aufwand dringend benötigter neuer Wohnraum geschaffen werden. Die Holzbauweise ist optimal für Aufstockungen oder räumliche Erweiterungen geeignet. Urbane Ballungsgebiete lassen sich so relativ einfach nachverdichten.“ Joachim Hildebrandt, Hildebrandt Lay Architekten
Sanierung in den Sommerferien
Die Grundschule am Erbendorfer Weg in Marienfelde ist eine der ersten Schulen in Berlin, die seriell saniert wurde. Nach dem vom Büro Dörr Ludolf Wimmer in Kooperation mit Felix Dechert Architekten geplanten und von Sieveke Holzbau ausgeführten Sanierungskonzept aus vorgefertigten Fassadenelementen in Holztafelbauweise, dezentralen Lüftungsgeräten und Erdwärmesonden sank der Energieverbrauch der Grundschule aus dem Jahr 1971 um mehr als 80 Prozent.
Ein Großteil der 175.000 kommunalen Liegenschaften in Deutschland sind in einem schlechten energetischen Zustand. Besonders hoch ist der Sanierungsdruck bei Schulen. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Bauphysik liegt der Heizenergiebedarf einer durchschnittlichen Schule bei 211 kWh/m2 a – ein Wert, der in die zweitschlechteste Energieeffizienzklasse fällt Aufgrund ihrer einfachen Kubatur sind Schulen, Sporthallen und Kitas optimal für eine serielle Sanierung geeignet.
„Serielles Sanieren kombiniert digitale Planung mit industrieller Vorfertigung und standardisierten Prozessen. Dadurch verlagert sich ein Großteil der Arbeiten von der Baustelle ins Werk. Energetische Modernisierungen können auf diese Weise im Idealfall sogar innerhalb der Schulferien realisiert werden.“ Timo Sengewald, Seniorexperte für Serielles Sanieren von Nichtwohngebäuden bei der dena.
Pressemitteilung der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM):
Seriell aus dem Sanierungsstau: BIM modernisiert erste Feuerwache in Deutschland mit innovativem Sanierungskonzept (PDF, 216KB)