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Energiesprong DE

Serielles Sanieren bringt Konversionsflächen auf Klimakurs

Im oberfränkischen Kitzingen werden derzeit die bundesweit ersten Kasernengebäude seriell saniert und in modernen, nachhaltigen Wohnraum umgewandelt. Das Projekt kann zum Vorbild für Konversionsflächen in ganz Deutschland werden. Im Rahmen des Exkursionsformats Energiesprong on tour konnten kommunale und private Bestandshaltende am 10.4. einen Blick hinter die vorgefertigten Fassaden werfen.

Als die US-Armee 2006 aus Kitzingen abzog, hinterließ sie neben den zwei Kasernen Harvey Barracks und Larson Barracks auch die „Housing Area“, die für über 3.500 amerikanische Soldaten und ihre 4.000 Familienangehörigen ein Zuhause auf Zeit war. Die Nachkriegsbauten wurden in einfacher Bauqualität mit dünnen, ungedämmten Wänden errichtet. Entsprechend hoch war der Energieverbrauch. Mit 252 kWh pro Quadratmeter und Jahr fielen sie in die Kategorie Worst Performing Buildings. Die Rosentritt Wohnbau GmbH erwarb drei der Gebäude, saniert sie seriell, wertet sie baulich auf und transformiert sie unter dem Label „Westquartier” in attraktive Eigentumswohnungen.

Ausgezeichnetes Sanierungs- und Finanzierungskonzept

Das Projekt wurde mit einem zukunftsweisenden Ansatz modernisiert und teilweise durch ein innovatives Crowdinvesting-Konzept finanziert. Interessierte konnten sich ab 250 Euro am Projekt beteiligen und von einer attraktiven Verzinsung in Höhe von 8 Prozent pro Jahr profitieren. Die Käufer der Wohnungen erhalten einen zinsvergünstigten Kredit von bis zu 150.000 Euro je Wohneinheit. Durch Erreichen des KFW 55 EE-Standards plus Boni für Serielles Sanieren und Worst Performing Buildings summiert sich der Tilgungszuschuss auf 40 Prozent, was einer Förderung von 60.000 Euro entspricht. Das eröffnet auch „Normalverdienern” die Chance, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Für sein Konzept, das Ästhetik, Qualität, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit auf vorbildliche Weise miteinander verbindet, wurde das Projekt vom Deutschen Rat für Formgebung mit dem Iconic Award 2024 ausgezeichnet.

Exkursion nach Erlangen als Impulsgeber

Der Fokus der Rosentritt Wohnbau lag eigentlich auf der Entwicklung von Neubauprojekten. Das änderte sich mit dem sprunghaften Anstieg der Bauzinsen 2022. Auf einer Exkursion zur Gewobau Erlangen sei man auf das serielle Sanieren aufmerksam geworden. Die Entscheidung, den innovativen Sanierungsansatz erstmalig im Westquartier umzusetzen, habe man schnell getroffen. „Vieles ist anders. Ein Großteil der Arbeiten verlagert sich ins Büro und ins Werk. Das setzt eine sehr detaillierte Planung voraus. Beim ersten Gebäude mussten wir uns erst einmal einfuchsen. Aber wenn man es einmal gemacht und verstanden hat, geht es in den folgenden Bauabschnitten ganz leicht“, so die Erfahrung von Geschäftsführer Wolfgang Rosentritt.

Kostenmäßig seien konventionelle und serielle Sanierung gleichauf. Einer der größten Vorteile sei die Geschwindigkeit. Im ersten Bauabschnitt waren die vorgefertigten Fassadenelemente innerhalb einer Woche am 2.000 m2 großen Mehrfamilienhaus montiert. „Und last but not least ist die Sanierung in bewohntem Zustand einfach ein unschlagbares Argument.“

Größte serielle Schulsanierung in Deutschland

Auch Helge Bey vom Architekturbüro Haase Bey lernte das zukunftsweisende Sanierungskonzept bei einer Exkursion kennen. Und setzt es aktuell im Rahmen der größten serielles Schulsanierung in Deutschland um. Aufgrund ihrer zumeist einfachen Kubatur sind Schulen, Kitas und Turnhallen optimal für den innovativen Modernisierungs-ansatz geeignet. Rund 46,5 Mio. Euro investiert der Main-Tauber-Kreis in die Generalsanierung und Erweiterung des Beruflichen Schulzentrums in Wertheim. Die Erneuerung der Gebäudehülle erfolgt mit einer seriellen Sanierungslösung von Züblin Timber.

Das Vorhaben gilt als Leuchtturmprojekt für die regionale Bildungslandschaft. „Der entscheidende Vorteil des seriellen Sanierens ist die Zeit. Der Gebäudekomplex mit 11.000 m2 Nutzfläche wurde in 6 Wochen mit der neuen Hülle aus vorgefertigten Fassadenelementen versehen“, berichtet Helge Bey.

Sanierung bei laufendem Schulbetrieb

Rund 900 Schülerinnen und Schüler erhalten im Beruflichen Schulzentrum in Wertheim eine Ausbildung unterschiedlichen gewerblichen, handwerklichen, kaufmännischen und technischen Berufen. Da das Gebäude an seine Kapazitätsgrenzen stieß und einen großen Sanierungsstau aufwies, entschied sich der Landkreis zunächst für eine Hüllensanierung und einen Erweiterungsbau. „Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie stellte sich allerdings heraus, dass dies nicht ausreicht. Der schlechte bauliche Zustand und die Schadstoffbelastung machten eine Generalsanierung erforderlich“, erzählt Helge Bey.

Aufgrund der Größe des Projekts sind 11 Planungsbüros und 30 unterschiedliche Firmen am Bau beteiligt. Trotzdem funktioniert die Koordination der einzelnen Gewerke reibungslos. Der Werkstattneubau sowie die Sanierung des Fachraumzentrums erfolgten bei laufendem Schulbetrieb. Lediglich die Sanierung des Hauptgebäudes macht einen kurzzeitigen Umzug in ein Ausweichquartier notwendig. Läuft alles weiterhin nach Plan, wird die Generalsanierung des Beruflichen Schulzentrums Ende 2025 abgeschlossen sein.

Machbarkeitsstudien als fundierte Entscheidungshilfe

Auch Architekt Michael Kölmel rät kommunalen und privaten Bestandshaltenden im Vorfeld eines Sanierungsvorhabens zu einer Machbarkeitsstudie: „Auf diese Weise kann die technische, baurechtliche und wirtschaftliche Umsetzbarkeit eines Vorhabens im Vorfeld geprüft und dabei unterschiedliche Varianten durchgespielt werden“. Im Auftrag der Stadtbau Würzburg untersucht Kölmels Architekturbüro teamtektura derzeit die Sanierung des Quartiers Lindleinsmühle.

Rund 11.000 Bewohnerinnen und Bewohner, und damit 10 Prozent der Würzburger Bevölkerung, leben in einer Mietwohnung des kommunalen Wohnungsunternehmens. Über 80 Prozent des Wohnungsbestands stammen aus der Nachkriegszeit. Ein Großteil der Gebäude ist, bis auf kleinere Sanierungsmaßnahmen, noch fast im gleichen Zustand wie zur Erbauung. Dementsprechend sucht das kommunale Wohnungsunternehmen nach Lösungswegen, um den Bestand nachhaltig und zukunftsfähig zu sanieren.

Köln-Zollstock als klimabilanzielles Vorbild

Das Quartier Lindleinsmühle besteht aus 32 Gebäuden mit insgesamt 25.600 m2 Wohnfläche. Das Wohnungsangebot im Quartier besteht zum größten Teil aus 3-Zimmer-Wohnungen. Kleine Wohnungen für Singles und größere für Familien sind Mangelware. Um den Bestand attraktiver zu gestalten, wird eine größere Mischung verschiedener Wohnungsgrößen angestrebt. Zudem soll durch Aufstockung und partielle Wohnungserweiterungen 3.200 m2 zusätzlicher, möglichst barrierefreier Wohnraum geschaffen werden.

Beim Energiekonzept will man sich am Energiesprong-Projekt in Köln-Zollstock orientieren. Es ist das erste serielle Sanierungsvorhaben in Deutschland, das den ambitionierten 40-EE-Standard erreicht hat. Photovoltaikmodule auf dem Dach erzeugen hier mehr erneuerbare Energie, als die Bewohnenden für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom benötigen.

„Wie die meisten Kommunen suchen auch wir nach Lösungen, um mit dem finanziell Möglichen das Maximum an Einspareffekten zu erzielen. Aus der heutigen Exkursion nehme ich viele Anregungen und Ideen für unseren Klimapfad mit“, so das Fazit Olivier Rombach, Geschäftsführer der Kitzinger Bau GmbH und der Stadtbetriebe GmbH.

>> Mehr zum Projekt "Westquartier | Kitzingen" erfahren

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Ariane Steffen

Kommunikation Wohnungswirtschaft und Nichtwohngebäude

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