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Energiesprong DE

Solare Highlights in Herford

Im Sommer 2022 wurde das seriell sanierte Pilotprojekt der WWS Herford fertiggestellt. Inzwischen liegen die ersten Monitoring-Ergebnisse und Nutzererfahrungen vor – gute Gründe, auf einen „Sprong“ in der ostwestfälischen Hansestadt vorbeizuschauen.

Im Rahmen der Exkursionsreihe Energiesprong on tour hatten Interessierte am 30.11. die Gelegenheit, einen Blick hinter die innovative Solarwabenfassade in der Herforder Ulmenstraße zu werden. Rund 100 Vertreter der Wohnungs- und Bauwirtschaft, Architektur, Planung und Energieberatung sowie kommunalen Verwaltung schauten sich das Best-Practice-Projekt vor Ort an und diskutierten die Lessons Learned mit den beteiligten Akteuren.  

Der Tag startete im Marta, dem von Stararchitekt Frank Gehry entworfenen imposanten Museum für zeitgenössische Kunst. In seinem Grußwort betonte Bürgermeister Tim Kähler, dass Herford schon immer ein Ort gewesen sei, der sich zukunftsweisenden Ideen gegenüber aufgeschlossen gezeigt habe. Damit sich innovative Ansätze wie das serielle Sanieren auf breiter Ebene durchsetzen, müssten alle von ihnen profitieren. In der Ulmenstraße sei dies vorbildlich gelungen. „Das Projekt ist ein Gewinn für die Stadt, den Bauherrn, die Studierenden und die Umwelt. Und es ist wegweisend für die schnelle, bezahlbare, klimaneutrale Sanierung von Bestandsgebäuden“, so Tim Kähler.

Energiesprung auf Neubau-Niveau

In der Ulmenstraße konnten die Teilnehmenden die vier als Studentenwohnheime genutzten Gebäude aus unterschiedlichen Perspektiven kennenlernen. Mit einem Primärenergieverbrauch von 379 kWh/m²/a hatten die 1957 erbauten Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 24 Wohneinheiten eine besonders schlechte Energiebilanz und somit den höchsten Sanierungsdruck. Nach der seriellen Sanierung erreichen sie Plusenergiehaus-Niveau und erzeugen deutlich mehr regenerative Energie als die Bewohnenden für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom benötigen.

Das Beispiel zeigt, dass selbst Worst-Performing Buildings mit seriellen Sanierungslösungen energetisch auf Neubau-Niveau gebracht werden können. Für Bauherr Magnus Kasner, Geschäftsführer der WWS Herford, ist das serielle Sanieren der einzige Weg, um die Wärmewende im Bestand ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogen zu schaffen. Das kommunale Wohnungsunternehmen würde gerne weitere serielle Sanierungsprojekte starten, braucht dazu allerdings eine verlässliche Förderkulisse, die langfristige Planungen ermöglicht.  

Dämmen mit Sonnenlicht

Eine Besonderheit im seriellen Sanierungskonzept von GAP Solution ist die innovative Solarfassade, die aktive (PV-Module) und passive (Solarwaben) Komponenten miteinander verbindet. In Herford liefern rund 120 Photovoltaik-Module auf dem Dach und Teilen der Fassade rund 30 Prozent mehr Solarstrom als verbraucht wird. 1857 Solarwaben-Paneele sorgen dafür, dass sich der Energiebedarf alleine über die Gebäudehülle um bis zu 90 Prozent reduziert.

Das von Johann Aschauer entwickelte, mehrfach ausgezeichnete Dämmsystem benötigt keine komplizierte Technik, sondern funktioniert nach einfachen physikalischen Prinzipien: In den Wintermonaten dringt das Sonnenlicht durch den niedrigen Sonnenstand tief in die Wabe ein. Die Solarwaben erzeugen ein warmes Luftpolster, das das Gebäude wie eine Dämmschicht umhüllt. Im Sommer sorgt die Wabenstruktur für den gegenteiligen Effekt. Bei hohem Sonnenstand reflektieren die Solarwaben einen Teil der Strahlung und verschatten sich aufgrund ihrer Geometrie selbst. Durch die thermisch stabile Hülle kann auf komplexe, kosten- und wartungsintensive Heiztechnik verzichtet werden. Der Heizwärmebedarf wird über Infrarot-Paneele gedeckt, die Warmwasserversorgung erfolgt per Durchlauferhitzer. 

Sparen mit Mieterstrom

Nach der Sanierung profitieren die Mieterinnen und Mieter der Ulmenstraße nicht nur vom deutlich reduzierten Heizwärmebedarf durch die ausgeklügelte Dämmung, sondern auch von dauerhaft niedrigen Preisen für den Inhouse erzeugten Solarstrom. Mit einem monatlichen Grundpreis von  

14,70 € und 28,7 Cent pro Kilowattstunde liegt man rund 25 Prozent unter dem Tarif des regionalen Grundversorgers. Angesichts steigender CO2-Preise für fossile Energien kann dieser Preisvorteil in Zukunft sogar noch größer werden. Auch für Vermieterinnen und Vermieter lohnen sich Mieterstrom-Modelle schon allein deshalb, weil es lukrativer ist, den erzeugten Strom an die Hausgemeinschaft weiterzugeben statt ihn bei sinkenden Vergütungssätzen ins öffentliche Versorgungsnetz einzuspeisen. Es gibt unterschiedliche Mieterstrommodelle. Die WWS Herford hat sich in der Ulmenstraße für ein Lieferketten-Modell des Anbieters Solarimo entschieden. Dieser kauft den selbst erzeugten Strom ab und übernimmt den Stromverkauf im Haus. 

Noch minimalinvasiver und mieterfreundlicher

Anderthalb Jahre nach der Fertigstellung fällt das Fazit des seriellen Sanierungsprojekts bei Bauherrn, Bauunternehmen und Bewohnenden gleichermaßen positiv aus. Die Bauzeit ist im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung deutlich kürzer, die Qualität aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades höher und die Belastung für die Mieterinnen und Mieter geringer. Bewährt hat sich in Herford ein wartungs- und instandhaltungsarmer Low-Tech Ansatz mit dezentraler Wärme- und Warmwasserversorgung. 

Positiv wird auch die Integration der vorhandenen Balkone in die thermische Hülle von den Bewohnenden bewertet. Ergänzt um Schiebe-Falt-Fenster ermöglichen sie die Nutzung als Loggia und erweitern damit die eigentliche Wohnfläche. Nichtsdestotrotz gibt es an der einen oder anderen Stelle Optimierungspotenzial. So sind die hochwertigen Verbundfenster mit Dreifach-Verglasung, eingelassenen Jalousien und integrierter Lüftung mit Wärmerückgewinnung zwar ein Top-Produkt, erfordern aber, was die Handhabung der Lüftung angeht, eine intensive Schulung der Mieterinnen und Mieter.

Auch für den aufwendigen Anschluss der Fensterlaibungen gibt es Verbesserungsideen. Durch die Verwendung von vorgefertigten Fensterzargen kann dieser Arbeitsschritt deutlich minimalinvasiver gestaltet werden. Bislang dauern serielle Sanierungen vom Erstkontakt bis zur Evaluierung durchschnittlich 21 Monate. Davon entfallen allein 9 Monate auf die Beauftragung. Würde man diese Phase verkürzen, ließen sich serielle Sanierungsprojekte innerhalb eines Jahres realisieren.

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Ariane Steffen

Kommunikation Wohnungswirtschaft und Nichtwohngebäude

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