Serielles Sanieren – Tempomacher auf dem Klimapfad
Unter dem Motto „Zukunftswährung Klimaschutz“ diskutierten beim diesjährigen dena Energiewende-Kongress rund 1.200 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft in 35 Sessions verschiedene Themenfelder der klimaneutralen Transformation.
Wie serielles Sanieren in die Klimaneutralität einzahlt, konnten Interessierte auf unterschiedlichste Weise erfahren: Im Kinosaal luden drei Filme zu einem Blick hinter die vorgefertigten Fassaden serieller Sanierungsprojekte ein. In Rahmen einer Fotoaktion konnten die Besucherinnen und Besucher das innovative Sanierungskonzept bei einem Energiesprung von H auf A + auf unterhaltsame Weise kennenlernen und sich über die Vorteile informieren. In zwei Sessions wurden digitale und zirkuläre Aspekte des seriellen Sanierens thematisiert.
Digitale Tools als Sanierungsturbo
Serielles Sanieren denkt energetische Modernisierung neu – digitalisierter, automatisierter, standardisierter. Mit der Entwicklung serieller Sanierungsansätze entstehen neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes beschleunigen. Kompetent und sympathisch moderiert von Heike Marcinek wurden in der Session "Den Turbogang einlegen: Schneller sanieren mit innovativen Tools & Prozessen" zukunftsweisende Lösungen präsentiert und mit dem Publikum diskutiert.
Zum Einstieg erläuterte Uwe Bigalke, Teamleiter Serielles Sanieren bei der dena, wie serielles Sanieren die Bestandssanierung in allen Projektphasen beschleunigt. Der integrale Ansatz setzt auf digitale Planung, automatisierte Fertigung und standardisierte Prozesse. Auf diese Weise lassen sich mit den zur Verfügung stehenden Fachkräften mehr Gebäude in kürzerer Zeit auf Klimakurs bringen. Im Vergleich zu konventionellen Lösungen reduziert sich die Bauzeit vor Ort um mehr als die Hälfte.
Bislang wurden 81 serielle Sanierungsprojekte fertiggestellt, 33 sind im Bau, 200 weitere befinden sich in unterschiedlichen Planungs- und Vorbereitungsphasen. „Seit zwei Jahren sehen wir eine Dynamik, die Mut macht. In Bezug auf die Geschwindigkeit sind längst noch nicht alle Potenziale ausgereizt. Hier wird sich in den nächsten Jahren noch einiges tun“, so Uwe Bigalke.
Mit wenigen Klicks zur Sanierungsstrategie
Serielles Sanieren ist kein Patentrezept für den gesamten Gebäudebestand. Aber er kann rund ein Drittel aller Bestandsgebäude schnell, wirtschaftlich und mieterfreundlich fit für die klimaneutrale Zukunft machen. Wie sich mithilfe digitaler Tools geeignete Gebäude identifizieren und maßgeschneiderte Dekarbonisierungsstrategien erstellen lassen, erläuterte Axel Tønnesen, Head of Business Development der vreed GmbH. Das Unternehmen hat einen Online-Sanierungsplaner entwickelt, der anhand weniger Gebäudedaten den energetischen Zustand von Immobilien ermittelt.
Entsprechend der Energieeffizienzklasse schlägt vreed.Insight passende Sanierungsmaßnahmen inklusive Investitionskosten und zur Verfügung stehender Fördermittel vor. Parallel dazu errechnet die Lösung, wie viel Energie, CO2 und Kosten durch die Sanierung eingespart werden. „Verlässliche Daten sind zentral, um schneller fundierte Entscheidungen treffen zu können. Unsere KI-gestützte Lösung erstellt mit wenigen Klicks individuelle Sanierungsfahrpläne und liefert damit eine solide Entscheidungsbasis“, machte Axel Tønnesen deutlich.
Gamechanger für große Portfolios
Mit einer Gesamtfläche von 1,2 Mrd. Quadratmetern verwaltet die Deutsche Bahn eines der größten Immobilienportfolios in Deutschland. Entlang des 39.000 Kilometer langen Streckennetzes befinden sich Tausende Gebäude, die in den nächsten 16 Jahren energetisch modernisiert werden müssen. Allein mit konventionellen Verfahren ist diese Mammutaufgabe nicht zu stemmen, zumal die dafür notwendigen Fachkräfte nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.
„Die Deutsche Bahn hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bereits bis 2040 klimaneutral zu sein. Deshalb ist serielles Sanieren für uns der Gamechanger, der die Erreichung dieses Ziels überhaupt erst möglich macht“, so Prof. Dr. Frank Wolter, Leiter Kompetenzteam Exzellenz & Innovation der DB-Immobilien. An einem Pilotvorhaben in Berlin wolle man zunächst die Herausforderungen und Besonderheiten des seriellen Sanierens besser kennenlernen. Als nächste Schritte könnten dann die regionale Clusterung von Gebäuden sowie die Ausschreibung größerer Lose an Generalunternehmer folgen.
Kita-Sanierung in Rekordgeschwindigkeit
In drei Monaten auf Klimakurs: Marius Mersinger, Gründer und Geschäftsführer der Moducon zeigt an einer Frankfurter Kita, welches Tempo mit seriellen Sanierungslösungen möglich ist. Ende September dieses Jahres wurde der Bauantrag für das Kinderzentrum Am Wiesenrain gestellt, Mitte Januar nächsten Jahres soll die Sanierung bereits abgeschlossen sein. Möglich wird dies durch ein interdisziplinäres Team, das eine integrale Planung inklusive Statik und Brandschutz aus einer Hand ermöglicht.
Spezialisiert hat sich Moducon auf modulares Bauen und serielles Sanieren, die durch einen hohen Vorfertigungsgrad Zeit, Kosten und Ressourcen sparen. „Uns ist es wichtig, nachhaltige Architektur zu gestalten, die Bestand hat. Deshalb wollen wir nicht nur mehr Tempo in die Sanierung, sondern gleich noch die Materiallager der Zukunft an die Wand bringen“, betonte Marius Mersinger.
Serialität im Kreis gedacht
In der Session "Branchenpioniere: Einschätzung der Nationalen Kreislaufwirt- schaftsstrategien" referierte unsere Zirkularitätsexpertin Andrea Müller zur nachhaltigen und kreislauffähigen Gebäudesanierung. Der Bausektor trägt maßgeblich zum globalen Ressourcenverbrauch und den CO2-Emissionen bei. Deshalb ist es entscheidend, nicht nur nachhaltiger zu bauen, sondern auch zu sanieren.
Die serielle Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip bietet durch ihre hohe Standardisierung und Skalierbarkeit und dem hohen Vorfertigungsgrad eine große Chance, die Branche im Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. „Kreislauffähigkeit ist beim seriellen Sanieren kein Muss, perspektivisch aber ein großes Plus. Vorgefertigte Fassadenmodule können zu Materialdepots werden, wenn man die Weichen bereits während der Planung in Richtung Kreislauffähigkeit stellt“, so Andrea Müller.